In Sack und Asche

Heute ist Buß- und Bettag. Was hat es mit diesem vorwiegend protestantischem Feiertag auf sich – und welches Geheimnis steckt dahinter?

In Sack und Asche gehen

Als der Prophet Jona der sündigen Bevölkerung von Ninive ihren baldigen Untergang verkündete, brach Verzweiflung unter den Menschen aus. Eine Welle der Umkehr setzte ein. Als Zeichen der Reue wurde zum Fasten gerufen und alle zogen sich den Sack zur Buße über. Selbst der König stieg von seinem Thron herab, legte sein Purpur ab, hüllte sich in Sack und setzte sich in Asche. Er rief seine Leute zur Umkehr auf und befahl ihnen, Gott um Gnade zu flehen. Tatsächlich: der Zorn Gottes wurde besänftigt und er verschonte Ninive. (Jona 3)

In Sack und Asche gehen – diese Redewendung taucht an einigen Stellen des Alten Testaments auf und bezieht sich auf einen in dieser Geschichte beschriebenen altorientalischen Brauch. Es war ein Ausdruck der Trauer, sich Asche auf das Haupt zu streuen und sich in altes und grobes Tuch zu kleiden. Der Aschermittwoch, bei dem im Gottesdienst den Gläubigen rituell ein Kreuz aus Asche auf die Stirn gezeichnet wird, verbindet diesen Brauch mit dem Gedanken der eigenen Sterblichkeit: “Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.”

Ein Tag, um Buße zu tun und zu beten

Diese Geschichte gilt als Urmotiv des Tages, der heute vor allen Dingen in evangelischen Gemeinden als Buß- und Bettag gefeiert wird. Er ist festgelegt als der Mittwoch vor dem Ewigkeits- oder Totensonntag, dem letzten Sonntag des Kirchenjahres, das mit der Adventszeit endet.

An diesem Tag ist die Gemeinde aufgerufen, in sich zu gehen und sich der eigenen Sündhaftigkeit bewusst zu werden – und Reue zu zeigen, zu beten und Buße zu tun.

Auch die katholische Kirche kennt solche Bußzeiten, die vierteljährlichen Quatembertage. Diese stehen bald wieder an, und zwar in der ersten Adventswoche. Auch hier soll durch Fasten, Spenden und Beten Gott besänftigt werden – auch wenn es sich nicht mehr um verpflichtende Feiertage handelt.

Asche: Ende und Anfang der Dinge

Graue Asche ist das, was übrig bleibt, wenn etwas verbrennt – ein unumkehrbarer Vorgang. Sie symbolisiert den Staub, zu dem wir wieder werden, wenn wir gestorben sind. In vielen Kulturen wird sie daher zum Träger aller möglichen Bedeutungen von Tod und Vergehen. Andererseits ist die Asche aber auch das Substrat, auf dem neues Leben entsteht, gilt sie doch als hervorragendes Düngemittel. In der Alchemie steht sie daher für die Grundsubstanz, mit der das gesamte große Werk beginnen muss. Im Märchen vom “Aschenputtel” wird dieser Verwandlungsprozess angedeutet: aus der Asche wird die strahlende Lichtgestalt einer Prinzessin.

Grau in Grau

Vor unserem inneren Auge färbt sich alles Grau in Grau. Passend zur Jahreszeit möchte man meinen, denn die Tage sind nun deutlich kürzer als die Nächte, Nebel legt sich über die Felder und schleicht durch die Gassen. Der bunte Herbst ist vorbei. Die ersten Fröste lassen uns schlottern. Selbst in unserer hochtechnisierten Zeit, die uns vor all diesen Unannehmlichkeiten schützen will, macht sich Trübsinn breit.

So wundert es nicht, dass das Gedenken an Tod und Sünde genau in diese Zeit fällt, denn unsere eigene Endlichkeit wird uns vor Augen geführt. Im christlichen Sinne wird gleichzeitig ins Bewusstsein gerufen, dass wir nach unserem Ableben vor unseren Schöpfer treten werden und ihm Rechenschaft ablegen müssen. Daher der Aufruf zur Umkehr, zur Reue, zur Buße.

Einkehr statt Umkehr

In vorchristlichen Zeiten scheint diese dunkle Phase des Jahres jedoch eine ganz andere Deutung erfahren zu haben. Wir wissen, dass in keltischen Kulturen mit der Dunkelheit das Jahr begann, nicht endete. Für sie begann der Tag auch mit dem Sonnenuntergang, womit der Sonnenaufgang der Höhepunkt wird. Ähnlich die Vorstellung über den Jahreszyklus: Erst kommt die Phase der Dunkelheit, dann die Phase des Lichts, dass mit der Wintersonnenwende wieder geboren wird, um dann ab Anfang Februar wieder die Herrschaft zu übernehmen.

Die Dunkelheit gleicht eher der Schwangerschaft, in der das Leben sich im Verborgenen entwickelt, im Schutz der Nacht ausgebrütet wird, bevor es sich im Frühling Bahn bricht. Es ist eine nötige Phase der Einkehr und der Besinnung, damit die Kraft des Lebens sich sammeln kann.

Reste dieser Vorstellung gibt es auch heute noch in unserem kulturellen Bewusstsein. So beginnt auch für uns die „stade” oder stille Zeit in diesen Tagen. Ganz intuitiv und ohne Anweisung durch irgendeine Autorität richtet sich unsere Aufmerksamkeit nach innen.

Phoenix aus der Asche

Dazu brauchen wir nicht in Sack und Asche gehen. Wir spüren dann, dass die zunehmende Dunkelheit uns sogar dabei hilft, unsere Sinne zu schärfen. Das kleinste Licht, die kleinste Hoffnung tritt nun vor dem Hintergrund der Nacht umso kräftiger hervor. Je finsterer die Nächte, umso klarer der Sternenhimmel.

Vielleicht ist dies der Grund, warum wir gerade in dieser Zeit Kerzen anzünden, uns über die Lichter in der winterlich werdenden Stadt freuen. Denn jedes kleine Licht ist der Keim des großen Lichtes, das bald wieder geboren wird – und daher Grund zur Freude.

Hier schließt sich auch der Kreis zur Geschichte des Propheten Jona: Verschlungen von einem Walfisch lebte er in Dunkelheit, fand dort zu seiner Bestimmung und wurde wiedergeboren. Es erinnert uns an den Phoenix, der aus seiner eigenen Asche steigt, um in ein neues Leben geboren zu werden. bevor dies geschehen kann, müssen wir bereit sein, das alte Leben hinter uns zu lassen.

Wie Phoenix aus der Asche – in diesen Tagen bereiten wir uns selbst auf unsere Wiedergeburt vor. Wir könnten uns fragen: Was möchte ich hinter mir lassen, “zu Asche verbrennen”, um darauf in der Zeit des wieder erstarkenden Lichtes aufzubauen?


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