Der heilige Johannes und die Minne

Während am 24. Juni Johannes des Täufers gedacht wird, treffen wir am 27. Dezember auf “Winterjohanni”, den Tag also, an dem der andere bedeutende Johannes der Bibel verehrt wird: Johannes der Evangelist.

Der Lieblingsjünger Johannes

Umstritten ist, ob es dieser Johannes war, der sowohl Lieblingsjünger von Jesus, als auch Schreiber des wohl rätselhaftesten Evangeliums unter den vier kanonischen Schriften der Bibel und der noch mysteriöseren Offenbarung der letzten Tage war. Dieser Johannes soll der Legende nach noch viele Wunder vollbracht haben, darunter zahlreiche Totenerweckungen. Ephesus soll sein Hauptwirkunsgort gewesen sein, der Stadt der vielbrüstigen Göttin Artemis. Die Priester, so will es die Legende, reichten Johannes vergifteten Wein, um ihn herauszufordern. Doch Johannes schlug das Zeichen des Kreuzes über dem Kelch und das Gift entwich in Gestalt einer Schlange. Der Apostel  konnte den Wein unbeschadet trinken.

Johannesminne

Vielleicht ist diese Legende der Ursprung für die Segnung des Weins am heutigen Tag in katholischen Kirchen. Der so geweihte Wein wird nach der Messe den Gläubigen zum Trinken gereicht. Dieser auch Johannesminne genannte Wein soll alle, die von ihm trinken, vor Krankheit bewahren. Zugleich leitet der Priester die Gabe mit den Worten ein: “Trinke die Liebe des heiligen Johannes”. Kirchgänger können auch ihren eigenen Wein mitbringen und diesen segnen lassen. Er galt als besondere Medizin das ganze Jahr über. Doch reichte man die Johannesminne auch zu ganz besonderen Anlässen, zum Beispiel den Brautleuten, die von diesem besonderen Wein tranken, um sich das Versprechen der Liebe zu geben. Pilger und andere Reisende bekamen den Johanneswein, damit sie heil wieder nach Hause kehren konnten. Auch auf dem letzten Gang, am Sterbebett, gab man die Minne des Johannes als Wegzehrung ins Jenseits.

Trankopfer

Das Kultgefäß, mit dem das Trankopfer dargebracht wird, ist ebenso wichtig wie das Trank selbst. Kelche und Schalen, aber auch Krüge verkörpern die Form, die das Flüssige zusammenhält. Dann werden seine Kräfte im Ausgießen freigelassen – etwas Neues kann entstehen.

Es ist wahrscheinlich, dass auch dieses Ritual vorchristliche Wurzeln hat, und zwar in den Trankopfern. Nicht nur Tiere wurden geschlachtet und Kräuter verbrannt, um den Göttern zu huldigen, sondern auch Flüssigkeiten vergossen. Zumeist geschah dies an besonderen Kultplätzen, vielleicht an einem heiligen Stein oder später auch an einem Altar in einem Heiligtum. In Indien wird beispielsweise flüssiges Ghee, geklärte Butter, geopfert, in Japan ist es der Reiswein Sake, andernorts einfach frisches, klares Wasser. In der Antike wurde vor allen Dingen Wein geopfert. Das Trankopfer ist eine der am weitesten verbreiteten Opferformen, die wir kennen. Häufig spielt auch das Gefäß selbst eine große Rolle, sei es eine Schale, eine Kanne oder ein Kelch. Immer waren diese Gegenstände deutlich anders gestaltet als die ihnen entsprechenden Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs.

Das verbindende Element

Das zentrale Motiv dieses Tages scheint Liebe zu sein, die Kraft der Verbindung. Das Flüssige kann diese Kraft besonders gut verkörpern, denn es fließt Gefühlen gleich zwischen alle Dinge und verbindet sie auf diese Weise. Ob Wein oder Wasser – beides fließt stets nach unten, strebt zum Mittelpunkt der Erde hin, dort wo sich alles begegnet und alles seinen Anfang nimmt. Einige sehen in dem Ritual der Johannesminne eine Erinnerung an alte Bräuche in den Raunächten, die dem Gott der Liebe dienten, bei den Germanen möglicherweise Freyr, der Bruder der Wanin Freya, der im Zuge der Christianisierung mit Johannes gleich gesetzt wurde. In diesem strahlenden, jugendlichen Gott sah man die Kraft der Sonne verkörpert, die in diesen dunklen Tagen vielleicht mit Trankopfern gestärkt werden sollte.

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