Ulrich und der Fisch

Der 4. Juli ist nicht nur der Tag, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Unabhängigkeit erklärten, sondern auch der Tag des heiligen Ulrich, dessen Name so viel wie „der Reichbegabte“ bedeutet. Dieser war einst Bischof von Augsburg und verteidigte seine Stadt gegen die Ungarn, die schließlich unter König Otto I, genannt der Große, auf dem Lechfeld geschlagen wurden, und zwar am 10. August 955.

Ein Leben zwischen Kampf und Askese

Die Legende weiß, dass der Sieg über die marodierenden Magyaren in dieser Schicksalsschlacht nur mit Gottes Hilfe gelingen konnte. Während die Kämpfe im vollen Gange waren, sei er ohne Schild und Waffen, nur mit der Bibel in der Hand, den andrängenden und militärisch weit überlegenen Ungarn entgegen geritten. Da erschien Ulrich ein Engel und überreichte ihm ein Kreuz. Mit diesem Zeichen ritt der wehrhafte Mann in das Schlachtgetümmel und hielt es in die Höhe. Auf einmal fassten die Soldaten des Königs Mut und das Blatt wendete sich zu ihren Gunsten.

Ulrichs weltlicher Einfluss und Macht wuchs enorm nach dieser erfolgreichen Schlacht, die auch als Geburtsstunde des deutschen Reiches bezeichnet wird. Doch in späteren Jahren widmete er sich zunehmend seiner spirituellen Bestimmung. Unter seiner geistlichen Führung wurde Augsburg zu einem bedeutenden Zentrum des Christentums – und Ulrichs volksnahe Art machte ihn überaus beliebt. Seinen letzten Wunsch, sich vom Bischofsamt zurückzuziehen und sich ganz auf das Leben als Mönch zurückzuziehen, scheiterte am Veto des Kaisers. So starb Ulrich am 4. Juli 973 und sein Grab ist bis zum heutigen Tag in der Kirche Sankt Afra in Augsburg zu besichtigen. Der Überlieferung nach wurde er mit dem Teppich, auf dem der asketisch lebende Mann auf der Erde zu schlafen pflegte, begraben. Keine zwanzig Jahre später wurde er heilig gesprochen, und zwar vom Papst höchstpersönlich. Das wäre die  erste Heiligsprechung dieser Art in der Geschichte! Und das, obwohl ihm eine Schrift zugeschrieben wird, in der er den Zölibat als gegen die Lehren der Bibel bezeichnete und die kirchliche Heirat für Weltpriester als einzigen Ausweg aus der wohl damals herrschenden Sittenlosigkeit des Klerus ansah.

Das Fischwunder

Ulrich zählt noch heute zu den beliebtesten Heiligen vor allen Dingen im süddeutschen Raum. Seine Grabstätte ist ein Ziel vieler Wallfahrten. Zusammen mit der heiligen Afra und dem heiligen Simpert ist er der Schutzpatron Augsburgs. Weil die Legende berichtet, dass Schwangere, die von seinem Kelch tranken, eine leichte Geburt hatten, wird er auch zu ihrem Schutzpatron. Darüberhinaus soll die Berührung seines Kreuzes den Biss eines tollwütigen Hundes heilen.

In der christlichen Ikonographie erkennen wir den heiligen Ulrich oft daran, dass er neben seinem Bischofsstab auch eine Fisch trägt. Dies spielt auf diese Legende ab:

An einem Donnerstagabend saß Ulrich mit einem befreundeten Bischof zu Tisch. Beide waren die ganze Nacht über so ins Gespräch vertieft, dass sie darüber die Zeit vergaßen. Am Morgen des Freitag klopfte ein Bote mit einem Brief des Herzogs an, mit dem Ulrich sich gerade in einem Streit befand und diesem Unrecht vorwarf. Ulrich reichte als Botenlohn den beim Abendessen nicht verzehrten Rest des Bratens – ein Gänsebein. Das aber war ein Fehler! Schließlich war es bereits Freitag und der Verzehr von Fleisch einem frommen Christen untersagt. Der hinterlistige Bote brachte dieses Beweisstück für den Frevel des vermeintlichen Heuchlers Ulrich dem Herzog. Doch als der Herzog das Gänsebein aus der Umhüllung nahm, hatte es sich – oh Wunder! – in einen Fisch verwandelt …

Ulrich lässt das Wasser spudeln

Viele Quellen und Brunnen sind dem Heiligen geweiht. Diese Ulrichsbrünnlein sollen vorwiegend gegen Augenleiden helfen. Selbst an heißesten Tagen sollen sie nie versiegen. Am 4. Juli herrscht in vielen Gegenden der Brauch, zu einem solchem Brunnen zu prozessieren. Überhaupt wird Wasser gerne an seinem Tag geweiht. So gilt er auch als Helfer bei Wassermangel. Eine Legende erzählt, dass Ulrich auf einer Reise an einem heißen Sommertag rastete und weil ihn dürstete, aber weit und breit kein Wasser zu finden war, schlug er mit seinem Bischofsstab – wie dereinst Moses – auf die Erde, und eine Quelle entsprang!

Vielleicht ist hinter dieser Legende jedoch das Echo einer vorchristlichen Sage zu hören. Ulrichs Bezüge zu Gewitter und Quellen erinnert an den germanischen Gott Donar, nicht nur ein Gott der Wetter, sondern auch der Fruchtbarkeit. Dieser konnte es mit seinem Hammer Blitzen und Donnern lassen. Dort wo ein Blitz die Erde traf, so wusste man, wäre oft eine Quelle entsprungen. Aus dem Blitz wurde der goldene Stab des Bischofs!

Ein weiterer Hinweis ist auch sein Tag der Verehrung: Der 4. Juli gilt als der letzte Tag der Mittsommerfeste nach der germanischen Tradition. Man zelebrierte, auch in Gegenden, in denen Ulrich keine Bedeutung besaß, an diesem Tag Brunnen- und Quellenfeste. In den Alpen ist es heute Brauch, um den Segen Gottes (der Götter?) zu bitten, denn die Zeit der Sommergewitter brachte Gefahren mit sich. Ulrich wurde angerufen, damit er gegen Ratten und Mäuse schütze und natürlich gegen Hexen, die man verantwortlich für die Unwetter machte. Ein weiterer Hinweis auf seine Verbindung zum Donnergott, zu Donar.

Das Ulrichsbrünnlein bei Paterzell

Die Botschaft des Ulrich

Für uns, schwingt also eine besondere Botschaft hinter all diesen Erzählungen, in denen sich historische Wahrheiten mit mythischen Erinnerungen mischen: Der Blitz lässt das Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche springen. Der Blitz könnte für einen himmlischen Funken der Inspiration stehen. So wie das Flügelross Pegasus unter seinen Hufen den Musenquell entspringen ließ, so berührt der göttliche Impuls unsere Seele – und weckt unsere Gefühle, Vorstellungen, inneren Bilder auf – für all das könnte das Wasser stehen. Es sprudelt an die Oberfläche. Dort kann es heilsame Wirkung entfalten …

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